
Warum Projekte im Maschinenbau scheitern: Die wahren Ursachen liegen nicht im Projektmanagement, sondern im Produktentstehungsprozess
In vielen Unternehmen entsteht bei jedem neuen Projekt das gleiche Muster: Termine werden verschoben, technische Freigaben verzögern sich, Einkauf und Konstruktion arbeiten nicht synchron, und am Ende wird der Produktionsstart hektisch und teuer. Oft wird dann reflexartig das Projektmanagement verantwortlich gemacht. Doch die Realität im Maschinen- und Anlagenbau zeigt ein anderes Bild: Nicht das Projektmanagement ist die Ursache – sondern der Produktentstehungsprozess selbst.
Die meisten Unternehmen besitzen zwar ein PEP-Dokument, aber kein lebendiges System. Es existieren Phasen, aber keine echten Verantwortlichkeiten. Es gibt Meilensteine, aber keine klaren technischen Kriterien, die bestimmen, wann ein Bauteil oder eine Baugruppe tatsächlich „reif“ ist. Dadurch entstehen Unsicherheiten, Doppelarbeiten und Engpässe, die sich später wie Dominoeffekte durch Einkauf, Produktion und Montage ziehen.
Ein zentraler Grund für das Scheitern liegt in der fehlenden Verbindung zwischen technischer Realität und organisatorischer Struktur. Konstruktion, Einkauf und Fertigung arbeiten oft mit völlig unterschiedlichen Erwartungen, Taktzeiten und Informationsständen. Während Konstruktion noch validiert oder Änderungen einarbeitet, plant der Einkauf bereits Liefertermine – häufig auf Basis unvollständiger Daten. Die Produktion erhält dann Zeichnungen oder Stücklisten, die zwar formell freigegeben sind, aber praktisch noch nicht stabil genug sind, um ohne Schleifen gefertigt zu werden. Das Ergebnis sind Zeitverluste, Nacharbeiten und Konflikte zwischen Abteilungen.
Ein weiteres Problem ist die unsichtbare Rolle von Engpässen im Engineering. Viele Unternehmen messen Auslastung, aber nicht die tatsächliche Prozessfähigkeit. Ein einzelner überlasteter Konstrukteur, eine unklare Rollenverteilung oder fehlende Kommunikation zu Lieferanten kann Wochen an Verzögerung verursachen. Da diese Engpässe selten transparent gemacht werden, werden Symptome bekämpft – nicht die Ursachen. Das Projektmanagement sieht nur die Verspätung, nicht aber die strukturellen Bedingungen, die sie erzeugen.
Hinzu kommt die fehlende technische Führung. In traditionellen Strukturen wird erwartet, dass Projektleiter technische Entscheidungen moderieren, Risiken identifizieren und Prioritäten definieren. Doch ohne tiefes Verständnis der Konstruktion, der Fertigungstechnologien oder der Lieferketten ist dies kaum möglich. Die Folge ist eine organisatorische Lücke: Entscheidungen werden verzögert, kritische Details übersehen und Verantwortlichkeiten verschwimmen. Projekte verlieren Tempo, noch bevor der erste Prototyp entsteht.
Die Lösung beginnt damit, PEP nicht als formales Dokument, sondern als operatives Steuerungsinstrument zu verstehen. Das bedeutet: klare Definitionen technischer Reifegrade, transparente Schnittstellen zwischen Abteilungen, realistische Zeitmodelle und eindeutige Verantwortlichkeiten. Entscheidend ist, dass technische Entscheidungen dort getroffen werden, wo das Wissen liegt – im Engineering – und nicht auf Basis politischer oder organisatorischer Logik.
Wenn Projekte scheitern, liegt die Ursache selten in der Projektleitung. Viel häufiger scheitern sie an Strukturen, die keinen stabilen Produktentstehungsprozess ermöglichen. Wer diese Ursachen erkennt, adressiert und transparent macht, schafft die Grundlage für zuverlässige Termine, bessere Qualität und deutlich geringere organisatorische Belastung. Und genau hier beginnt professionelle Performance & Operations Improvement im Maschinenbau.


